B21F6BB4-1C5E-4341-9402-72115F03EA26 09. Januar 2020

Throwback zu "Picture of the Future" Teil 1: Stadtbilder

PD Dr. habil. Andreas Rauscher beantwortete uns im Nachgang zum Event "Picture of the Future" einige Fragen zum Thema Stadtbilder der Zukunft.

Utopie oder Dystopie, in welcher Städteform würdest du gerne leben wollen?

Dystopien sorgen in Filmen, Romanen, Serien, Comics und Videospielen meistens für die spannenderen Szenarien. Die ausufernden urbanen Räume bieten schon ein faszinierendes Setting für Erkundungstouren, allerdings würde ich nicht unbedingt in dieser Stadt leben wollen. Real gewordene Utopien erscheinen hingegen meistens auf Grund ihrer Makellosigkeit verdächtig. Die scheinbar einladende Struktur erweist sich in zahlreichen Geschichten häufig als Fassade für exzessive Kontrollmechanismen. Am ehesten würde ich in einer Mischung aus beiden Formen leben wollen.

Neben der horizontalen und vertikalen Städteform, kannst du dir eine weitere Variante vorstellen?

Neben den prominenten Modellen der vertikalen Stadtform in "Metropolis" oder auf dem Stadtplaneten Coruscant aus den "Star Wars"-Prequels, sowie der horizontalen Stadtlandschaft in den "Blade Runner"-Filmen gibt es auch immer wieder andere Varianten in der Science-Fiction. Das gescheiterte Unterwasser-Utopia aus den "Bioshock"-Spielen, die schwebenden Städte in den Wolken bei Jonathan Swift und in "The Empire Strikes Back" oder das wild vor sich hin wuchernde Stadtgeflecht aus den französischen "Valerian"-Comics sind dafür gute Beispiele. Virtuelle Städte wären eine spannende Idee, in Ansätzen findet sich diese Idee im von Steven Spielberg verfilmten Kultroman "Ready Player One". Im Bereich der virtuellen Netzwerke wäre noch einiges Potential für weitere Varianten. Die Open World-Nachbildungen realer Städte in Videospielen wie der "Grand Theft Auto"-Reihe könnten ebenfalls eine interessante Stilvorlage abgeben.

Vom Papier über Bildschirm zum Hologramm – Wie stellst du dir die Zukunft von Außenwerbung & Kommunikation in den Städten vor?

Die gewaltigen Hologramme im zweiten "Blade Runner" erscheinen schon ganz schön imposant, das könnte aber schnell auch zu einer Überwältigung der Sinne führen. Daher gehe ich davon aus, dass die gute alte Plakatwand nicht allzu schnell verschwinden wird. In einigen Fällen könnte ich mir auch Retro-Design-Varianten als sehr wirkungsvoll vorstellen, wie etwa die gemalten großformatigen Plakatwände, die früher an Kinos angebracht waren und die mich als Filmwissenschaftler und Cineast immer begeistert haben.

Kannst du uns drei Science Fiction Filme empfehlen, die ein Vorbild für eine mögliche Städtearchitektur von morgen sein könnten?

Als hochinteressante Aktualisierung mit leichtem Retro-Touch sollte man natürlich "Blade Runner 2049" gesehen haben. Der Film denkt allerdings das Stadtbild aus dem ersten Teil von 1982 weiter, teilweise kommen hier Firmen in der Werbung vor, die in Wirklichkeit gar nicht mehr existieren. Einen ziemlich abgefahrenen Rückblick auf die Stadt-Phantasien vergangener Jahrzehnte bieten die Filme von Luc Besson, "Das Fünfte Element" und die Comicverfilmung "Valerian". Als kritisches satirisches Gegengewicht zu allzu euphorischen Spekulationen empfehle ich allerdings auch die hervorragende Serie "Futurama" des "Simpsons"-Erfinders Matt Groening. Hier stehen skurrile bunte Zukunftsphantasien der 1960er Jahre wie Röhrensysteme für Fußgänger unmittelbar neben dystopischen Elementen, die aus den düsteren Stadtbildern des Cyberpunk stammen könnten.

Andreas Rauscher, PD Dr. habil.

Akademischer Oberrat für Medienwissenschaft / Medienästhetik mit den Forschungsschwerpunkten Filmwissenschaft, Game Studies und Cultural Studies an der Universität Siegen.