B21F6BB4-1C5E-4341-9402-72115F03EA26 21. August 2019

Purpose Economy: Unnötiger Hype oder nachhaltige Weiterentwicklung?

In der Wirtschaft ist ein neuer Begriff in den Fokus gerückt: Purpose als Kern des Unternehmens.

Würden Sie gerne einen VW Diesel kaufen? Oder als Kleininvestor die Deutsche Bank an Freunde weiterempfehlen? Ein Grund, warum die meisten Menschen wahrscheinlich mit Nein antworten würden, liegt in den Werten, für die diese Marken stehen. Ebenso an der Nachhaltigkeit, die durch diese Marken vermittelt oder eben auch explizit nicht vermittelt wird. Die reine Ausrichtung auf ein Unternehmen im Sinne des reinen Profitstrebens ist so nicht mehr zeitgemäß. Eng verknüpft damit ist der Begriff Purpose (zu Deutsch: Bestimmung oder Zweck) und insb. der der Purpose Economy.

Der Begriff wurde vor allem geprägt von Ökonomiepsychologe Aaron Hurst und seinem Buch „The Purpose Economy“. Er sieht laut einem Interview mit der Psychology Today einen Shift von einem alten Businessmodell zu einem, dass von Purpose angetrieben wird. Den tipping point, also der Punkt wo der Großteil der Firmen in diesen Bereich übergetreten ist, sieht er um das Jahr 2020. Eine klare Definition für Purpose Economy gibt es aus seiner Sicht noch nicht, für ihn ist diese immer noch in der Entwicklung, sie werde sich aber im Bereich des Prozesses weg vom reinen Konsumdenken hin zur Kreation und Erfahrungssammlung für den Konsumenten bewegen.

Hurst nennt in seiner Theorie drei Grundtypen der Purpose Economy, wobei er darauf hinweist, dass Mischformen und unklare Positionierungen möglich sind.

  • Value-driven organization:
    Die Werte, die sich das Unternehmen auf die Fahne schreibt, stehen hier im Zentrum aller Entscheidungen. „Was ist das Richtige?“ ist die Kernfrage, die hinter jeder wichtigen Entscheidung steckt.
  • Organization striving to build excellence:
    Der Purpose dieser Art von Organisation liegt in den Fähigkeiten des Unternehmens und im Fokus auf qualitativ hochwertige Arbeit.
  • Impact-driven organization:
    Diese Art von Organisation übernimmt Verantwortung für den Einfluss, den es auf alle seine Stakeholder hat und versucht gleichermaßen diesen zu optimieren, also zu vergrößern oder zu verkleinern, je nach Art des Stakeholders.

Die Purpose Economy entsteht auch, weil sich die Arbeit und die Arbeitnehmer verändern. Hurst sieht vor allem in den Millenials und ihrem Einfluss auf die Arbeitswelt einen großen Faktor für ihre Entstehung.

In vielerlei Hinsicht ist die Purpose Economy auch schon angekommen. Laut Hurst sind in verschiedensten Branchen (er nennt als Beispiele unter anderem Finanzwesen, Bildung, Retail und weitere) die Top-Innovationen zum Großteil auf der Basis von Purpose entwickelt worden. Tatsächlich gibt es sogar den Vorschlag von Ökonomen, die Wirtschaft in Großbritannien nach dem Brexit im Sinne einer Purpose Economy auszurichten.

In der konkreten Implementierung gibt es auch schon einige Beispiele. So hat PwC einen Chief Purpose Officer engagiert, der sich in Zukunft um zugehörige Themen kümmern soll. Ernest&Young hat dafür das s.g. Beacon Institut gegründet. Auch in Deutschland gibt es solche Bestrebungen, die insb. von der Initiative Purpose Economy vorangetrieben werden. Teil dieser Initiative ist die bekannte Suchmaschine Ecosia und weitere kleinere Startups. Grundlage dabei sind zwei Grundsätze:

  1. Grundsatz I: Gewinn = Mittel zum Zweck, kein Selbstzweck:
    Sinn und Zweck des Unternehmens stehen an erster Stelle. Gewinne werden reinvestiert. Purpose Unternehmen können nicht als Spekulationsgut behandelt und meistbietend verkauft werden.

  2. Grundsatz II: Unternehmerschaft = Eigentümerschaft:
    Entscheidungen werden im Unternehmen getroffen und ausgeführt. Dadurch bleibt die Verantwortung im Unternehmen.

Trotz dieser Beispiele ist die Purpose Economy insb. in ihrer Konkretisierung dennoch zu hinterfragen. Die wirklich großen, plakativen Beispiele und vor allem ihre entstehenden Mehrwerte bleiben bisher aus. Zudem sollte auch die Idee des Purpose konkretisiert werden, es sollte festgelegt werden, was Purpose ist und was nicht. Generell ist die Idee dahinter noch sehr subjektiv behaftet, es gibt keine Institution, die vorgibt, wie purposevolles Verhalten aussehen soll. Dies muss wohl auch geschehen, damit sich Unternehmen nicht gegenseitig in ihrem Purpose im Weg stehen oder sogar behindern.

Insgesamt lässt sich sagen, dass noch nicht ganz klar ist, wie es mit der Purpose Economy weitergeht. Unter Umständen ebbt die Idee auch wieder ab und der von Hurst erwähnte tipping point erweist sich als Hochpunkt vor der Gegenbewegung. Es gibt allerdings Indizien, die durchaus optimistisch darauf blicken lassen. Es wäre sich zu wünschen.